Die vielen
Gestaltungsmöglichkeiten
eines Siedlergarten

Von seiner gedanklichen Konzeption her wird der Siedlergarten ganz anders genutzt als beispielsweise der Schreber- oder Kleingarten. Auch sind seine Ausmaße weit größer, meist 1.000 m² und mehr, als eben herkömmliche Schrebergärten, was demzufolge auch eine ganz andere Bewirtschaftung mit sich bringt. Siedlergärten sind als reine Selbstversorgergärten gedacht. Oftmals kommt es vor, das die erzielten Erträge so groß sind, das der Verkauf der überschüssigen Ernte sich so noch zu einem Nebenerwerb entwickeln kann. Dies funktioniert allerdings nicht, wenn der Obstgarten beispielsweise auf Grund einer schlechten Sortenwahl zu wenig abwirft.

So sind schon viele Siedler, wie im übrigen auch Schrebergärtner, der Ansicht, das sie ihren Garten jetzt ganz anders anlegen würden, wenn sie noch einmal die Möglichkeit dazu, so wie das inzwischen erworbene Wissen, hätten.

Obstbäume, Hühner und GänseDie Lebenshaltungskosten der Siedler lassen sich also durch einen intensiven Obst- und Gemüseanbau zu einem nicht gerade unerheblichen Teil reduzieren. Für diese Lebensmittel ist somit keine Geldausgabe erforderlich, im Gegenteil, manchmal bringt auch der Verkauf noch etwas ein! Sinn des Siedlergartens ist es also, die Siedlerfamilie das Jahr über ausreichend mit Obst und Gemüse zu versorgen. Gehen wir einmal von einem Gemüseertrag von lediglich 3 kg/m² aus, so ist bei einer Anbaufläche von 200 m² ein Ertrag von 600 kg zu erzielen. - Bei einer bewußt intensiven Bewitschaftung ist es ohne weiteres möglich, sogar 5 kg/m² zu ernten. Bei ebenso 200 m² Anbaufläche sind das dann schon 1.000 kg Erntegut im Jahr. Diese Menge ist für eine fünfköpfige Familie vollkommen ausreichend. Wird auch der Anbau von Obst wohl überlegt und intensiv betrieben, so lassen sich Erträge von 4 kg/m² leicht erwirtschaften. Bei 200 m² Kulturfläche ergeben sich somit 800 kg Obst im Jahr. Das diese Mengen an Obst auf einer so kleinen Fläche tatsächlich geerntet werden können, ist durch Erfahrungen hinlänglich belegt.

Bei der Zusammenstellung der Obstarten und -sorten ist darauf zu achten, das auch eine ausreichende Versorgung in den Wintermonaten gewährleistet ist. Die notwendige Einlagerung der Früchte setzt voraus, das ein entsprechender Obstkeller im Siedlerhaus vorhanden ist, was spätestens bei der Planung des Siedlerhauses zu berücksichtigen ist. So sollte der Boden des Obstkellers ein Naturboden sein, sofern nicht ein zu hoher Grundwasserstand eine wasserdichte Isolierung erfordert. Bei einem Naturboden haben wir bei guter Belüftung stets die notwendige Luftfeuchtigkeit, was eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, das sich unser Winterobst auch hält. Bei einem Betonfußboden ist die Luft einfach zu trocken. Das Obst schrumpft. Auch das Aufstellen von offenen Gefäßen mit Wasser bringt da nicht viel, um die notwendige Luftfeuchtigkeit im Obstkeller zu erhalten. Alternativ bieten sich auch Tiefkühltruhen zur Einlagerung an, was aber zunächst einmal wieder mit Kosten verbunden ist.

Aus langjähriger Erfahrung darf ich Ihnen empfehlen, ein Treibbeet anzulegen, um so die gewünschten Setzpflanzen selbst heranziehen zu können. Leider sind Setzpflanzen nicht überall erhältlich, wo sie benötigt werden. Oft kommt es auch vor, das es dann gerade die Sorte, die Sie gerne haben möchten, im Augenblick nicht gibt. Ein Treibbeet läßt sich ohne großen Aufwand fix erstellen: Zur Erwärmung nehmen Sie das Laub vom vergangenen Herbst, das Sie trocken über den Winter gebracht haben. Anstelle von Glasfenstern können Sie hier auch einfach und kostengünstig mit Plastikfolien arbeiten, mit denen sich im Treibbeet der gleiche Effekt erzielen läßt. Sowohl Gemüse- wie auch Blumensetzlinge lassen sich jetzt einfach und bequem selbst heranziehen. Sind die Setzlinge dann erst einmal ausgepflanzt, läßt sich das Treibbeet auch noch gut zur Anzucht von Gurken und Melonen nutzen.

Der Gemüsegarten ist bei den Siedlern meistens das Reich der Siedlerfrau. Verfügt sie über einen grünen Daumen, so gibt es über's Jahr viel an Gemüse auf der Speisekarte. Was zuviel ist wird eingekocht, eingefroren oder verkauft. In jedem Fall stellt die Selbstversorgung eine erhebliche Entlastung für die Familienkasse dar.

ObstbaumplantageDer Obstgarten wird dagegen meist vom Siedlermann betreut und gepflegt. Als Selbstversorger möchte er gern so viele Sorten wie möglich haben. Es sei jedoch empfohlen, auch im Siedlergarten, der ja bekanntlich doppelt bis drei mal so groß sein kann, wie ein gewöhnlicher Schrebergarten, nur die besten und für das vorherschende Klima zweckmäßigsten Obstarten und -sorten zu pflanzen. Auch hier besteht keine Notwendigkeit, einen weit ausladenden und den anderen Pflanzen das Licht wegnehmenden Walnußbaum zu setzen. Im Grunde genommen gelten für den Siedlergarten die gleichen Überlegungen wie auch für den Kleingarten. Da ja der Siedlergarten in erster Linie eben der Selbstversorgung dient, kommt hier dem Winter- und Einmachobst eine weit aus größere Bedeutung zu, als dem Sommerobst.

Wenn das Klima es erlaubt, sind Pfirsich und Aprikose zu pflanzen, ebenso wie Äpfel und Birnen, in der Hauptsache als Wintersorten. Auch sind alle Beerenobstarten zu empfehlen: Himbeeren, Brombeeren, Stachelbeeren, Johannis- und auch Erdbeeren.

Was die Wahl der Sorten anbelangt, so lassen Sie sich bitte von einem Gärtner in Ihrer Region beraten. In Konstanz am Bodensee sind sicherlich ganz andere Fruchtarten und -sorten anzutreffen, als in Flensburg an der Förde. In Aachen an der holländischen Grenze andere als in Görlitz an der polnischen Grenze.